Nachdem Jens einen Sommer mit der Moto verbracht, hier sein zweiter Bericht:

Wie es weiter ging...

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Im Mai 2002 habe ich von meinen ersten 5000 Km mit der Moto berichtet und mittlerweile ist einiges passiert, wovon ich heute berichten will.

In der Saison 2002 habe ich mich noch besser an die Moto gewöhnt, was meinen Fahrstil nicht unbedingt verbessert hat und den überall vorhandenen Sonntag-Nachmittag-Kaffee-Ausflug-Senioren das blanke Entsetzen ins Gesicht treibt. Die schnarrchen mit maximal 80 über die Landstraße und wundern sich wenn jemand hinter ihnen runterschaltet und die Moto brüllend aufreißt um Sie zu überholen. Bislang hat noch keiner einen Herzinfarkt bekommen, aber ich vermute, die sind schon tot und haben nur vergessen umzufallen. Aber dieses Problem kennt sicher jeder... Auf der Moto besteht das Sozius-Problem noch immer. Meine Frau hält es nur eine Stunde auf dem Sitzbrötchen aus, dann will Sie unbedingt runter und sich die Beine vertreten. Auch machen Ihr die Schläge der miesen Straßen keinen Spaß, da ich das Federbein voll vorspannen muß, damit das Heck nicht völlig zusammensackt. So bleibt die Moto meistens ein Ego-Mopped und mein Fahrstil entsprechend frech.

Jetzt ist es März und die Batterie ist nach der Winterpause frisch geladen und eingebaut. Beim 2. Startversuch sprang die Moto sofort an und lief trotz altem Sprit sofort rund. Habe ich nicht mit gerechnet, aber warum soll man nicht auch mal positiv überrascht werden.

Erfahrungen mit...

...den Reifen

Wie ich schon letztes Jahr berichtete, bin ich endlich die Dunlop Arrowmax Marke "Holzrad" los und habe mittlerweile über 5000 Km mit den Metzeler M330 / M550 in Orginalgröße zurückgelegt. Die Reifen sind ein Gedicht. Kein Rutschen, kein Lenkerflattern, kein Aufstellen beim Bremsen in der Kurve und immer Grip. Aber Vorsicht, die Reifen sind so gut, daß man gerne mal zu schnell ist und so mühelos mit der StVO Ärger bekommen kann. Außerdem gibt man dann gerne mal etwas mehr Gas, was dann aber zu anderen Problemen führen kann. Doch dazu später mehr... (siehe Motor) Bei den Metzeler M330 / M550 ist es wichtig, daß man den Reifendruck über die von Aprilia angegeben Werte erhöht. Ich fahre solo mit 2.2 vorn und 2.5 hinten. Dadurch wird zwar eine schlecht Straßenoberfläche viel direkter an Hintern und Hände weitergeleitet, aber das Fahrverhalten gewinnt beachtlich und man kann viel besser um die Kurven wetzen...

Auch die Haltbarkeit ist prima, da der Hintereifen nach über 5000 Km noch bei über 60% Profil ist. Und ich schone die Reifen nicht...

Meine Wertung: sehr empfehlenswert.

...dem Bremslichtschalter der Vorderradbremse

Stimmt. Er geht kaputt. Ich habe versucht Ersatz aus dem Elektronikbastelladen zu bekommen, aber es gab nur die einfache Ausführung des Microschalters ohne Spritzwasserschutz. Dieser läuft aber nach kurzer Zeit voll Wasser und das Bremslicht macht ne Lightshow. War also keine Lösung. Das orginale Ersatzteil hatte mein Händler vorrätig. Wunder über Wunder...

...dem Kettensatz

Der Kettensatz von Aprilia ist wohl ein Versehen. Nach nur 16000 Km war die Kette fertig und ließ sich hinten am Kettenrad über 1 cm abheben, die Zähne des Kettenrades hatten schon ein Haifischzahn-Design angenommen, waren aber noch nicht streichholzdünn. Das Eigenartige ist, daß das Ritzel fast noch neuwertig war. Jetzt ist eine X-Ring-Kette drauf gekommen mit lasergeschnittenen Kettenrad aus Kohlenstoffstahl. Das Kettenrad ist einsatzgehärtet und soll so verschleißfester sein. Ich werde sehen...

...dem Zubehör

Im Sommer 2002 hatte ein Bekannter eine Kleinanzeige entdeckt, in der jemand eine Moto in orange/silber mit Zubehör zu verkaufen hatte. Der Kontakt war schnell hergestellt und ein Termin vereinbart. Die Moto interessierte mich nicht, da die Maschine schon einen massiven Sturzschaden links überstanden hatte (das Schutzblech am Vorderrad war zur Hälfte mit orange nachlackiert), und meine in einem besseren Zustand war. Das Zubehör habe ich jedoch gekauft. Der Orginal-Aprilia-Tankrucksack ist zwar sehr klein, aber praktisch und saumäßig genäht. Für die Straßenkarte und die Regenkombi reicht er immer. Die anderen Tankrucksäcke von Hein und Prolo passen irgendwie nicht so richtig auf die Tankform...

Außerdem nahm ich noch einen Gepäckträger mit 40-Liter Topcase mit. Der Gepäckträger ist richtig niedlich und läßt sich sehr bescheiden montieren, wenn man nicht das ganze Rahmenheck zerlegen will. In dem Topcase bringt man Alles für die große Wochenendtour unter, jedoch wird das Fahrverhalten durch den hohen, weit hinten liegenden Schwerpunkt ziemlich abenteuerlich. Aber wenn man sich darauf einstellt, kann man auch damit leben. Meine Überlegungen die Moto mit Seitenkoffern auszurüsten habe ich ad acta gelegt. Kein Hersteller bietet Träger an und die Alternative mir aus 2mm Edelstahl Träger mit Anbindung an Rahmenheck und Soziusrasten lasern zu lassen (lt. TÜV zulassungsfrei !!!) für Givi- (schön rund) oder Krauser K-Wing-Koffer habe ich auch verworfen, da die Koffer von den heißen Abgasen getoastet würden. Wenn jemand eine andere gute Idee hat, kann man ja das Thema nochmals aufnehmen.

...dem Motor

Der Motor ist ein rauher Geselle, schön kräftig und säuft. Soweit ist es ja nichts neues, aber im Oktober wurde er in der Stadt unnatürlich heiß und sprang sehr schlecht an. Bedingt durch die rasantere Fahrweise mit den Metzeler Gummis ist die Zylinderkopfdichtnung durchgebrannt und das Kühlwasser im Zylinder verdampft worden. In dem kleinen Ausgleichsbehälter für das Kühlwasser war aber keine Veränderung feststellbar. Ist das Ding überhaupt irgendwo angeschlossen ? Normalerweise hätte das Niveau absinken müssen, wenn Wasser in den Kreislauf durch Unterdruck angesaugt wird, wurde aber nicht und so war auch der erste Kolbenring hin. Die Demontage in der Werkstatt ergab den Grund des Ablebens der Zylinderkopfdichtung: Die Dichtung besteht aus irgendeinem Verbundstoff, der an der Brennraumkante eine dünne Metallumfassung hat. Da bei der werkseitigen Montage die Dichtung leicht verschoben montiert war (man sah es an den Abdrücken auf der Dichtung) ist sie an der Stelle, an der die Metallumfassung am wenigsten eingeklemmt war, durchgebrannt. Garantie war nicht mehr, da die Maschine zu alt und ich schon der zweite Besitzer bin. Ich habe aber Glück im Unglück gehabt: Zylinderkopf und Kolben waren i.o. und der Zylinder nicht verzogen. So gab es als Ersatzteile: alle Kolbenringe, einen kompletten Zylinderdichtungssatz, Ventile reinigen und einstellen usw. Die Ersatzteile waren schnell verfügbar und montiert mit den Pegaso-Steuerzeiten außer der Dichtung für den Lichtmaschinendeckel. Diese Dichtung war bei Aprilia nicht aufzutreiben. Erst Rotax in Österreich hatte nach 2,5 Wochen Ersatz. Mein Händler hat sich größte Mühe gegeben, aber gegen die Aprilia-Schlamperei hatte er keine Chance. Mir brachte diese Reparatur ein Loch in der Haushaltskasse und für 2 Wochen eine Ersatzmaschine, doch dazu später mehr. Hat schon jemand Erfahrungen mit durchgebrannten Zylinderkopfdichtungen oder bin ich mal wieder ein Einzelfall ? Wer was weiß, bitte melden. Übrigens war die Reparatur am letzten Tag meiner Saisonzulassung abgeschlossen. Gaaanz toll.

...anderen Motorrädern

Wegen der Motorreparatur hatte ich im Oktober Gelegenheit für 2 Wochen eine Aprilia Caponord zu fahren. Ist schon beeindruckend wie die über 90 Pferde an die Arbeit gehen. Leider ist die Caponord nicht sehr handlich, da sie stark kopflastig ist und der Windschutz bringt bei meiner Größe außer Lärm und Unruhe im Fahrwerk durch die Wirbelschleppen der Autos leider nichts. War aber trotzdem eine interessante Erfahrung. Was der Caponord aber fehlt ist ein Kardan und eine einstellbare Verkleidung, die mehr auf Windschutz als auf Optik ausgelegt ist. Vielleicht bekommt Aprilia mal was sinnvolles auf den Zettel, wäre zu hoffen. BMW macht es seit Jahren vor mit der R 1150 GS. Der schwere Klumpen fährt sich superhandlich sobald sie rollt und hat eine ausgewogene Gewichtsverteilung. Der Tip an Aprilia: Lieber gut geklaut als schlecht selbst gemacht!

Eine völlig andere Maschine habe ich im Juli für ein Wochenende gefahren. Eine BMW K 1200 LT, das fahrbare Wohnzimmer mit 4-zylinder Reihenmotor incl. Schrankwand (Kofferaufbau). Die Maschine ist herrlich bequem, ich habe nicht mal vom Soziussitz Beschwerden gehört, sie war zwischdurch eingeschlafen. Auf Autobahnen und Bundesstraßen ein super Motorrad zum Touren, aber auf winkeligen Kreisstraßen furchbar unhandlich bei 350 Kg Gewicht. Die Fahrweise der Moto mit Gangwechsel in der Kurve funktioniert mit der LT nicht, da muß man vor der Kurve schon den richtigen Gang haben, sonst kommt man zwar in die Kurve hinein, aber wo man herauskommt ist dann fraglich. Auf jeden Fall ein Motorrad für 2, schwer, stark, mit geringem Verbrauch, einem seidenweichen Motor und einem höllischen Preis. Wer mal Gelegenheit hat so einen Dampfer zu fahren, sollte es ausprobieren, es ist Motoradfahren von einer anderen Welt.

Ich werden bald die neue Saison unter die Räder nehmen und hoffe von Ärger verschont zubleiben. Allen gute Fahrt in 2003 und keinen Ärger mit der Ersatzteilversorgung...

Tschüs

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© 2003 Jens Andersson